Under construction - Last updated: 18-03-2000

Mädel in der Nähe von Losar Old_man_small

Nordindien - Juni 1998

Index

Einführung

Ankunft

Zur Quelle des Ganges

Ki-Gompa und das erste Tsampa

Kunzum-La

Infos und Tips zur Reise

Danksagung

Hier nochmal ein herzlichen Dank Peter Materne und Elena Erat und an die Jungs und Mädels der Newsgroup rec.travel.asia, namentlich an Wolfgang Hockenheimer, Dirk Vandenheuvel und Suhas Dutta - theteam@delhigate.com - die mit unschätzbaren Information wesentlich dazu beigetragen haben, daß wir keine Fehlentscheidung trafen.

Einführung

Nach zahl- und erfolgslosen Versuchen, ein Visum für China, soll heissen Tibet, zu bekommen, warfen wir am 22. April radikal unsere Pläne für die Juni-Tour über den Haufen. Wir vergassen den Potahala-Palast, das Mount Everest Base Camp und die Ufer des Tsangpo/Brahmaputra und widmeten uns einem anderen Ziel im Himalaya zu: dem legendären Ladakh und dem lange Zeit verschlossenen Zanskar.

Wieso ? Nun hatten wir alle Freunde und Bekannte verrückt gemacht, die Newsgroups mit Anfragen überflutet und nun dies.

Eins war sicher, mit einem Gruppenvisum und einer Gruppe würde man nach Tibet reinkommen, aber mit allem anderen sah es schon viel komplizierter aus. Gibt es in Kathmandu Agenturen, die einem ein Gruppenvisum für kleines Geld, um die 100 US-$ beschaffen ? Was passiert bei politischem Umschwung ? Wir würden im Monsun-Kathmandu festsitzen und eine Attacke nach der anderen bekommen.

Unabhängig von der Visumfrage gab es noch andere Punkte, die uns kein ruhigen Schlaf liessen:

  • es gibt nur zwei Flüge pro Woche zwischen Lhasa und Kathmandu, zudem werden sie gelegentlich abgesagt. Man muss sich also sehr genau an seinen Zeitplan halten und es darf zu keinen Zwischenfällen kommen, sonst verpasst man seine Anschlussflüge nach Neu Delhi und dann den Flug nach Haus
  • Der Flughafen Gonggar von Lhasa liegt 60 km ausserhalb und der Rückflug würde einem etliche Zusatzkosten bescherren (Taxi, Hotel, etc)
  • Die beste Fahrtrichtung konnte nicht eindeutig geklärt werden. Kathmandu - Lhasa hat eine enorme Steigung, aber auf den relativ flachen Strecken Gefälle und möglicherweise Rückenwind. Die Rückreise per Flug muss chirugisch geplant werden. Lhasa - Kathmandu startet schon auf dem Tibetanischen Hochplateau, nimmt aber einen Höhepunkt -Lhasa- schon von vornerein weg. Auf den langen, flachen Strecken hat man eine stetige, leichte Steigung und evtl permanenten Gegenwind.
  • Hohe Kosten: 1300 DM Flug Lissabon - Neu Delhi, 280 US-$ Flug Neu Delhi - Kathmandu, ca. 150 US-$ One way Kathmandu - Lhasa, d.h. über 2000 DM nur an Flugkosten. Dann noch mindestens 100 DM Visakosten pro Nase (Micha 30 DM, Ros 170 DM).

Aber auch von der atemberaubenden Herausforderung Manali-Leh mussten wir bald Abschied nehmen, es war noch zu früh im Jahr, die bis zu 5600 m hohen Pässen waren veraussichtlich noch verschneit.

Zudem zeigten einige Testfahrten mit dem Rad, daß Ros zu diesem Zeitpunkt nicht in der Lage war, die notwendige hohe Leidensfähigkeit aufzubringen.

So fing die Planung nochmal von vorne an. Wir einigten uns darauf, die Räder zu Haus zu lassen und erstmal mit etwas "Einfachem", der Gangesquelle bei Gangotri anzufangen und dann vor Ort zu entscheiden, wie es weitergehen solle.

Unser Fahrkartenkontrolleur auf der Strecke Rekonk Peo - Kaza

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 Ankunft in Neu Delhi

Aufmerksam hatten wir in den letzten Tagen den Wetterbericht in CNN verfolgt und die aussergewöhnliche Hitzewelle, die zur Zeit Neu Delhi heimsuchte, beunruhigte es uns etwas. 48º C sind wirklich etwas seltenes.

Zum Glück kamen wir in der Nacht an und bei 38 ºC war es sehr erträglich.

Zahlreiche Warnung ernst nehmend entschlossen wir uns, die Nacht am Flughafen zu verbringen, immer mir einem ängstlichen Auge auf Moskitos gerichtet. Sollte man sich wohlmöglich am Flughafen eine Malaria fangen ?

Gegen 5 Uhr war es dann an der Zeit, aufzubrechen. Die Puppe am Informationsschalter gab uns die Anschrift des Busbahnhofes und dann machten wir uns per Taxi auf den Weg. Als sich die Türen des klimatisierten Flughafens öffneten, wurden wir von der entgegenströmenden heissen Luft erschlagen, entsetzlich. Der Taxifahrer hatte es sich zur Aufgabe gemacht, uns sogleich in die hiesigen Verkehrregeln anschaulich einzuführen: Bis es bricht und dann einen Gang zurück. Ros versucht beim Brot machen

An den Ampeln bekamen wir sogleich einen Einblick in die alltäglichen Tragödien, vor denen wir hier in Europa so effektiv abgeschirmt werden. Ein einbeiniger junger Mann, eine alte Frau mit Lepra ohne Hände, ein Greis ohne Unterleib auf einem Bollerwagen. Wir schauen weg.

Die langen Geraden ziehen sich endlos hin, Elefanten baden im Fluss und die Hitze nimmt weiter zu. Dann sind wir endlich am Busbahnhof, es stinkt nach Pisse, die Busse sind alle Schrott und niemand da, der Auskunft geben kann. Wir finden trotzdem heraus, daß wir zum falschen Bahnhof geschickt wurden. Wir nehmen eine Motorriksha, der Motor gibt vor dem Red Fort fast seinen Geist auf, aber wir kommen trotzdem noch zum Bahnhof am Kashmir Gate, wo wir auch sogleich auf den Bus nach Hardiwar springen.

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 Zur Quelle des Ganges

Der Bus fährt, wir wissen nicht wie, aber er fährt. Nach einigen Stunden sind wir da und bekommen auch gleich noch den Anschluss nach Rishikesh. Der Alptraum geht jetzt endlich los. Es fehlen nur 150 km, aber leider auch 2000 Höhenmeter. Das heisst gute 5 bis 6 Stunden, eingepfercht zwischen spindeldürren Pilgern und ihrem reichlichen Gepäck. Erst spät in der Nacht kommen wir an, zum Glück haben wir die letzen 2 Stunden nix mehr von der Strasse gesehen. Es ist kalt und es nieselt etwas, endlich aus dem Bus hören wir deutlich in der Nähe den reissenden, noch sehr jungen Ganges.

Unser Zimmer liegt direkt am heiligen Fluss, so können wir am nächsten Morgen bequem aus dem Bett das Gewirr von Pilgern und ihren Riten bewundern. Eine Gruppe hat aus dem fernen Rajasthan in einer dreiwöchigen Wanderung einen Heiligenschrein bis hierhin getragen und nun ist der grosse Moment gekommen, sie stehen am Ufer, bärtige Männer stimmen einen seltsamen Gesang an und dann wird die Figur mit dem heiligen Wasser des Ganges bespritzt, damit ist der Segen der Götter gesichert und die Ernte wird in diesem Jahr reich ausfallen.

Nun wird es aber wirklich Zeit, aufzubrechen. Vorbei an Fakiren und Asketen bahnen wir uns mit den schweren Rucksäcken den Weg durch den Basar und beginnen den Aufstieg nach Boujbasa, ein 15 km langer Trek, auf dem wir von 3000 auf 3500 m aufsteigen werden.

Der schmalle Pfad, knappe 100 Meter über dem rauschend wilden Ganges führt uns in eine atemberaubende Landschaft, es zeigen sich die ersten Eisriesen mit 6 bis 7000 m Höhe. Immer wieder begegnen wir Sadus, den heiligen Männer in ihren safranfarbenen Umhängen. Ein langer Bart, verfilztes und verknotetes Haar sowie die Barfüssigkeit sind ihnen eigen. Wir nicken ihnen respektvoll zu und im Gegenzug segnen sie uns. Unglaublich, daß sie mit der gleichen "Ausrüstung" auch im tiefsten Winter hier hoch kommen. Ohne Schuhe, nur mit einer Stoffbahn bekleidet und einem Gehstock ausgestattet stampfen sie die 15 km durch den hüfthohen Schnee. Der "K2" von Tapovan

Wir kommen gut voran, unser später Aufbruch bringt uns jetzt jedoch langsam in Schwierigkeiten.

Es fehlt viel und es ist schon spät. Alle zwei bis drei Kilometer kommt eine Colabude, wo wir einen schnellen Drink nehmen und dann wieder die Rucksäcke schnallen.

Es dämmert und es fehlen noch 5 km, wenigstens wissen wir, wo wir ungefähr sind. Besonders mir tut das Kreuz weh, die Höhe macht zu schaffen und ich laufe schon auf Reserve. Wir kommen zum letzten Teezelt, die Einheimischen, die sich hier während des Tages verdingen, haben es sich bequem gemacht, liegen auf ihren Matten, essen den obligatorischen Dal und schlürffen den letzten Cha des Tages. Ros fragt nach dem Weg und der Entfernung, ich bin schon zu schlapp, um mich noch auf grosse Gespräche einzulassen.

Nach einem schnellen Tee schleppen wir uns weiter, meine Hoffnung, doch noch zum Gasthaus in Boujbasa zu kommen, sinken auf ein Minimum und wir beginnen ernsthaft zu überlegen, wo wir übernachten können. Undenkbar, der Pfad ist so schmall, daß er nur für einen Wanderer Platz hat und der Rest ist Abgrund und Fels. Erst jetzt bemerken wir, daß vor uns ein Inder in der Dunkelheit geht, er ist offensichtlich dabei, uns zu führen. Er hält an unübersichtlichen Stellen und wartet auf uns, deutet auf die besten Passagen. Wie gut, daß Ros noch in Form ist, denn mit mir ist nicht mehr zu rechnen. Ich taumele in der Dunkelheit, was bei dem schmallen Pfad garnicht so ungefährlich ist und tue mich sehr schwer, das geringe Tempo mitzuhalten. Ros entgeht es natürlich nicht, dass ich am Ende bin und sie unternimmt alles denkbare, um mich anzuspornen. Dann stimmt der Mann ein montonen Singsang an, damit wir im Tritt bleiben und Ros, die nur schwer ihre Besorgnis verbergen kann, stimmt mit ein. Da fang ich zum ersten mal zu Heulen an, es geht nicht mehr, ich bin fertig, aber da sind zwei Leute, die alles tun, um mich noch ein paar Schritte weiter zu bekommen.

Irgendwie schaffen wir es doch noch, bauen unser Zelt auf und fallen auch sogleich in die Schlafsäcke.

Am nächsten Morgen übergeben ich mich erstmal so lange, bis auch kein Wasser mehr kommt. Gegen Nachmittag bin ich wieder fit genug, daß wir einen kleinen Ausflug zur nahen Gangesquelle wagen. Wir treffen wieder zahlreiche Saduhs, Familien und frisch vermählte Paare in Stöckelschuhe und weissen Anzug. Aus einem enormen Gletschertor ergiesst sich der junge, stürmische Fluss. Die Pilger nehmen Waschungen in den eiskalten Fluten vor, schöpfen Wasser mit den allgegenwärtigen Kupfergefässen, giessen es sich in einem Ritual über den Kopf, über den Körper und trinken den Rest. Schwer vorstellen, daß sich hier der heiligste Fluss des indischen Subkontinents auf seine 2600 km lange Reise macht.

Zurück an der Hütte essen wir ein karges Mahl, es gibt Reis, etwas Dahl und ein paar Möhren. Wir müssen uns beeilen, da es kein Licht gibt und man nach Anbruch der Nacht nicht mehr den Löffel vor dem eigenen Mund erkennt.

Die Nacht verbringen wir im unruhigen Schlaf, wir haben uns noch nicht richtig an die Höhe gewöhnt.

400 Meter über dem Gletschertor befindet sich die Hochebene Tapovan, von wo aus sich atemberaubende Blicke auf die 6000er des indischen Himalayas ergeben. Dies ist heute unser Ziel, wir brechen früh auf, erreichen schon bald wieder das Gletschertor und beginnen mit dem sehr mühseligen Aufstieg über den Gletscher. Unter "Gletscher" sollte man sich jedoch kein blendend weisses Schneefeld vorstellen. Vielmehr ist es ein Klettern über Geröll, Schlamm und dreckigen Schnee. Es stellt einige Anforderung an uns und unsere Ausrüstung: Fleecejacken, spezielle Trekkinghosen, Teleskopgehstöcke usw. Und trotzdem werden wir überholt von uralten, halbnackten Saduhs und anderen Einheimischen, die barfuss oder in Badelatschen den Hang hochstürmen.

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