150 km in 18 Stunden - Geduldsprobe im Bus Wir verlassen Chandrigah gegen 9 Uhr Richtung Mandi, der Bus ist wie üblich in abenteuerlichen Zustand, aber das soll einen nicht weiter stören. Schon nach einer Stunde halten wir an zu einer Pinkelpause, aber dann kommt Aufregung in die Passagiere. Sie beginnen, ihre Habseligkeiten vom Bus zu holen. Bald erfahren wir, dass der Bus hin ist und wir auf den nächsten warten müssen. Verdammt, aber zum Glück wollen wir ja heute nur 200 km machen. Wir warten also, es wird 11 und der nächste Bus kommt, aber die Leute sitzen schon auf dem Dach, trotzdem schaffen es noch ein paar unserer Mitreisenden, einzusteigen. Es macht sich etwas Enttäuschung breit und ich spiele langsam mit der Idee, die 40 km mit dem Taxi zurück nach Chandrigah zu fahren und sich dort ein Platz im leeren Bus zu suchen. Es wird 12, es fängt an zu nieseln, dann wird es 1 und da kommt plötzlich unser erster Bus wieder zurück. Nach 3 Stunden geht es weiter. Wenigstens sind wir auf der Bahn und haben nur noch 10 Personen im Bus, also Platz für uns und die Rucksäcke. In den nächsten Stunden stellt sich langsam raus, auf welchen Alptraum wir uns da eingelassen haben. Ein einziges Kruvengewirr, links und rechts, rauf und runter. Wir schaffen so um die 10 bis 15 km pro Stunde. Am späten Nachmittag machen wir nochmal eine Pause und die letzten Passagiere wechseln den Bus. Sie werden schon ihre Gründe haben und das beunruhigt uns etwas. Die Fahrt geht weiter, mittlerweile spielt das Getriebe nicht mehr mit, wir fahren nur noch mit zwei Gängen, die sich nur mit Widerwillen schalten lassen. Dies bringt einige Probleme mit sich, wenn uns jemand entgegen kommt, da die Strasse gerade mal für einen reicht. Gegen 10 Uhr abends erreichen wir endlich Mandi, lebend.
Tabo, Ki-Gompa und endlich das erste Tsampa Wir verlassen frühmorgens Rekong Peo und fahren endlich nach Spiti. Nachdem wir einige Zeit am Fluss langrumpeln, beginnen wir mit einem langen Anstieg in Serpentinen, wo wir auch den eizigen Radtouristen der ganzen Reise sehen. Kurz hinter dem Pass haben wir eine Reifenpanne und warten ca. 2 Stunden, kurz darauf ist die Strasse durch einige gewaltige Blöcke versperrt. Die Stunden gehen vorbei, bis die Dinger endlich gesprengt sind. Die Nacht verbringen wir auf halbem Weg in der Ungewissheit, ob es morgen weiter gehen kann. Denn vor uns liegt ein weiterer Landslide. Am nächsten Tag geht es erst gegen Mittag weiter; 5 km, dann ist endgültig Schluss. Die indischen Armee lädt gerade ihren Proviant ab, Hunderte von Eiern und Zentner von Kartoffeln die auf Fahrrädern transportiert werden. Wir überqueren den Landslide zu Fuss und haben Glück, daß uns ein Offizier in seinem Jeep ein paar Kilometer bis zum nächsten Checkpoint mitnimmt. Wir bekommen unseren Stempel, halten einen weiteren Jeep an und reisen offiziell aus Spiti aus.
Wir sind schwer beeindruckt vom Inneren der Tempel, denen man von aussen ihre aussergewöhnlichen Kunstschätze nicht ansieht. Aber der ganze Tabo-Komplex läuft Gefahr, in der nächsten Regenzeit schwere Schäden zu nehmen. Das Wasser kann überall eindringen und die einmaligen Wandgemälde unwiederbringlich zerstören. Das dies schon einige male passiert ist sieht man an den leider ziemlich schlecht restaurierten Malereien. Der nächste Tag bringt uns nach Kaza, und dann geht es zu Fuss nach Ki-Gompa, abenteuerlich auf einem Fels errichtet. Es ist Morgenandacht, kombiniert mit dem Frühstück. Andächtig betreten wir den Saal, sind dann aber doch etwas enttäuscht. So sehr es auch zu begrüssen ist, daß das Kloster renoviert wurde, so sehr hat es doch an Charme eingebüsst. Wir schauen hauptsächlich auf unverputzte Betonwände, die nur spärlich von alten Gebetsfahnen überdeckt werden, in zwei Reihen sitzen die Novizen und tragen etwas lustlos ihre Gebete vor. Wir setzen uns still an den Rand und lassen das Ganz auf uns wirken. Wir sind aufgeregt, endlich werden wir das berühmte Tsampa probieren. Ein Klosterschüler kommt zu uns, gibt uns Schalen. Etwas später kommt er mit einem grossen Eimer, halb gefüllt mit Gerstenmehl. Wir bedienen uns, dann kommt ein anderer junger Bursche mit Tee. Das Ganze wird vermischt, mit den Fingern durchgeknetet und auch mit den Fingern gegessen. Es schmeckt wie Wasa-Knäckebrot , daß mit Wasser zu einem Brei verrührt wird. Es ist sicherlich nahrhaft und so lange ich ordentlich zu, Ros kann der Geschmack überhaupt überzeugen und es ist ihrer guten Erziehung zuzuschreiben, dass sie brav ihre Schale leermacht. Aber dann kommt der Eimer mit dem Gerstenmehl zum zweiten mal und ehe sie es sich versieht, hat sie einen Nachschlag. Eine leichte Übelkeit steht ihr ins Gesicht geschrieben.
Wir fahren weiter, der Fahrer hat die ganze Zeit den Kopf aus dem Fenster um zu überprüfen, ob nicht ein weiterer Reifen Luft verliert. Endlich in Losar angekommen müssen wir hoch pockern. Wie kriegen wir unseren ängstlichen Fahrer, der heilfroh ist, bis hierhin gekommen zu sein, noch weiter Richtung Kunzum-La ? Wir lassen nochmal das Geld sprechen. Ich versuchen es mit einem ausgeklügelten Prämiensystem pro Kilometer, aber er versteht es nicht so recht. Ich sehe mich gezwungen, es auf die autoritäre Weise zu versuchen, und verbunden mit etlichen Rupien, geht es endlich weiter. Statt der erhofften 10 bis 15 km schaffen wir nur noch 7 km bis zu einem Gebirgsbach. Er würde vielleicht durch kommen, da es bergab geht, aber mit dem Wagen käme er da nicht mehr zurück. So ist hier also Schluss, wir bezahlen und versuchen noch unser Bestes, um noch ein paar Kilometer zu machen. Nach einer halben Stunde finden wir einen vorzüglichen Lagerplatz und schlagen unser Zelt für die Nacht auf. Das erste Morgenlicht lockt uns aus unserem Zelt, aber der eisige Wind auf 4000 m Höhe treibt uns sogleich wieder zurück in den Schlafsack. So warten wir noch eine Stunde, bis das Zelt von der Sonne erfasst wird und es sogleich unerträglich warm wird. Wir folgen der Piste, die nun zu steigen beginnt und es kommen die ersten ernsthaften Schneefelder und Erdrutsche, trotz unserer einwöchigen Höhenanpassung auf 4000 m tuen wir uns recht schwer mit den 15 kg Gepäck auf'm Kreuz. Nach zwei Stunden wird die Piste nahezu unpassierbar, das Schmelzwasser rauscht knöcheltief ins Tal und wir versuchen unser Glück im Schnee, aber der ist durch die Sonne so aufgeweicht, daß wir bis zu den Hüften einsinken. Aber dann kommt endlich der Tschorten, der den Pass markiert, in Sicht. Dort können wir noch einer Opferung beiwohnen und bekommen süßes Fettgebäck angeboten. Energie, wir nehmen es dankbar an.
So steigen wir zügig ab, aber dann kommt die böse Überraschung, die Spuren führen auf die andere Talseite und dazu muss man den Fluss, der unter der Schneedecke verborgen ist, überqueren. Circa 300 m, die ich sehr vorsichtig mit meinen Gehstöcken Schritt für Schritt auf ihre Tragkraft überprüfe. Es ist gefährlich und aufregend zugleich, die Spuren scheinen schon älter zu sein, denn an einigen Stellen sind die Schneebrücken nur noch einige Zentimeter dick und würde unweigerlich unter unserem Gewicht wegbrechen. Nicht auszudenken, mit einem Rucksack einzubrechen und unter die Schneedecke vom eisigen Wasser weggespült zu werden. Aber es gelingt und wir erreichen sicher die andere Seite. Wir folgen, so gut es geht, der Piste und kürzen die Serpentinen ab, wo es das Gelände zuläßt. Wir kommen an einen weiteren Hang, 30 bis 40 Grad Steigung. Auf dem Schnee kommen wir nicht runter, er ist zu hart, um Halt zu finden. Aber auch die Erde ist gefroren. Ich versuche es, aber verliere sofort den Halt und beginne zu rutschen. Verflucht, das ist ernst ! Das wird eine 30 Meter lange Rutschpartie über Schlamm und Geröll. Aber dann lande ich doch noch auf dem Schnee, es gelingt mir mich in eine stabile Lage zu bringen und dann fängt der Spass an. Selten so viel Spass gehabt, nur der Hosenboden ist feucht. Ros steht der Schreck noch ins Gesicht geschrieben, aber nachdem ich in schallendes Gelächter am Ende des Slides ausbreche, wird sie für einige Sekunden wieder gelassen. Aber wie bekommen wir sie den Hang runte ? Kurzentschlossen klettere ich den Hang wieder rauf und dann bereiten wir uns auf eine gemeinsame Abfahrt vor. In den Schnee treten wir eine Sitzbank wie bei den Skispringern und bereiten uns auf den Abflug vor. Ich nehme Ro an der Hand, wir zählen bis drei und dann tut die Erdanziehungskraft den Rest. Am Ende hat es ihr doch gefallen. Zuerst gelacht, dann nachgedacht. Da war doch noch der weiter Abstieg und die Strasse lag noch ziemlich weit unten, der Weg über Geröll, Schlamm und vor allem Schnee. Nach einer weiteren Stunde waren wir schliesslich unten und schlugen die logische Richtung auf der Strasse ein, flussaufwärts !? Und so kamen wir wieder an den Fluss, nach der Biegung fielen mir die Schuppen aus den Haaren und zu der Zeit hatte ich wirklich reichlich. Die Brücke war weggespült und wir mussten wieder rüber. Über den Schnee, durch's Wasser oder über's Geröll ? Nichts von alle dem erschien uns besonders erfreulich. Ich machte mich auf, den Weg zu erkunden, aber als ich in der fast senkrechten Wand nur noch mit einem Fuss und zwei Fingern Halt fand und meine Kräfte schwanden, war es doch an der Zeit wieder auf sicheren Grund zurückzukehren und ein Camp aufzuschlagen. Im fahlen Licht des Vollmondes finden wir in den Resten einer Steinhütte einen Platz, der relativ sicher vor Steinschlägen zu sein scheint und schlafen auch sogleich ein. Möglichst früh aufstehen ist angesagt, da dann die Steinschlaggefahr noch am geringsten ist. Sobald sich die Felsen durch die Wärme auszudehnen beginnen, wird es kritisch. Nach einer Ortsbesichtigung ist der Plan recht klar: Da wir hier oben den Fluss weder auf dem Gletscher noch über Geröll überqueren können, werden wir den scheinbar sichersten Weg versuchen. Wir steigen zum Fluss ab, dort ist die Steigung unerheblich und somit die Strömung relativ niedrig. Auf geht's, es ist nicht besonders schwierig, aber wir müssen ein bisschen auf unsere Knie aufpassen. So marschieren wir den Rest des Tages durch das Tal, in der Ferne auf einer sehen wir einige Yaks und Schafe, sonst niemanden. Gegen Nachmittag verdichtet sich eine Befürchtung zur Gewissheit: Wir sind den ganzen Tag in die falsche Richtung gegangen, denn wir müssten schon längst im nächsten Dorf sein. Nervös und etwas hilflos fummeln wir mit Kompass und Karte, um doch noch das Gegenteil beweisen zu können, aber es hilft nix. Wir müssen umkehren. Am nächsten Morgen erreichen wir wieder an den Fluss und als wir noch überlegen, wie wir rüberkommen, erscheint auf der anderen Seite eine Trekkergruppe. Die Jungs machen keine langen Faxen, klettern wie die Gemsen und sind schon auf unserer Seite. Das ist unsere Chance, wir schmeissen unsere Ausrüstung über den Fluss und die Jungs helfen uns bei einem gewagten Sprung über den Fluss, dies geht alles so schnell, dass wir keine Zeit haben Angst zu bekommen. Gegen Mittag sind wir im Dorf, futtern einen Dal, und machen uns an den letzten schwierigen Teil des Treks, kilometerlange und meterhohe Altschneefelder und einige Passagen mit Steinschlag, bis wir nach zwei weiteren Tagen sicher in Manali ankommen. Anreise: Neu Delhi per Flieger bietet sich an, wir bezahlten von Lissabon über Frankfurt mit Lufthansa 1300 DM. Geld: Die indische Rupie stand im Juni 98 bei 1 DM = 25 Rp Transport: Die Busse sind zahlreich, in der Regel entsetzlich, Unfälle an der Tagesordnung, mit Verspätung muss gerechnet werden da immer mal wieder irgendwas kaputt ist und billig. Das dicht ausgebaute Zugnetz mag ganz gut sein, aber ich habe bis heute weder die Fahrpläne noch das Reservierungssystem verstanden. Hotels: Für 200 bis 300 Rp sollte man in der Regel schon was brauchbares bekommen. Es geht auch billiger bei entsprechenden Abstrichen an der Qualität. Essen und Trinken: Coke für 6 - 15 Rp, Wasser 10 - 20 Rp, einfache Gerichte 15 - 40 Rp., Obst wie z. bsp. Mango und Bananen sehr günstig. Gesundheit: Vorsicht ist immer geboten, Gesundheitsamt wegen Impfungen fragen und ein paar Reservetage einplanen, da man unvermeintlich irgendwann mal flachliegt wegen Magengeschichten. NICHT zu empfehlen
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