Das Orginal

Radexpedition gescheitert - Teilnehmer unverletzt

Las Vegas, dpa, im Oktober 97

Die schon im Vorfeld viel Aufsehen erregende geplante Expedition per Fahrrad (!) eines deutsch-brasilianischen Paares ist noch kurzem, harten Kampf an den eiskalten Hängen der kalifornischen Sierra Nevada zu einem jähen Ende gekommen. Ein Teilnehmer teilte uns über Satelitentelefon mit, daß "die Gruppe in den ersten Tagen gut voran gekommen sei, ein Kälteeinbruch jedoch zusätzliche Kräfte gebunden habe und die Topografie des Geländes sich als unvorteilhafter als erwartet gezeigt habe. Man habe bis zum Schluß gekämpft, aber mit Rücksicht auf andere Expeditionsteilnehmer hätte man im unzugängliche Yosemite-Valley abbrechen müssen".

Eine Rettungsmannschaft holte die Abenteurer nach San Francisco, von wo aus die beiden sofort wieder aufbrachen. Unbestätigten Quellen zufolge sollen die beiden in einem Mietwagen zu einer 4000 Meilen langen Runde aufgebrochen sein, die über Reno und Salt Lake City zu den wenig bekannten und schwer zugänglichen Naturwundern des Arches National Park, Natural Bridges NP sowie dem Grand Canyon bis nach Las Vegas führte. Gerüchte über einen geknackten Jackpot wurden von allen grösseren Casinos dementiert, die Spur der beiden verliert sich hier.

Es ist anzunehmen, daß die beiden dann auf Nebenstrassen durch das lebensfeindliche Death Valley nach SF zurückgekehrt sind.

USA 97

The sky is the limit
Downtown

 

Von zwei, die auszogen, um die Staaten per Rad zu bezwingen und mit leeren Taschen zurückkamen.

Die Entscheidung für dieses Reiseziel fiel mir nicht leicht. Gehört mein Herz doch den Anden oder dem Kailash, so mussten wir der Realität ins Auge sehen, denn wir hatten nur knappe 3 Wochen Zeit. Anfang des Jahres dachten wir noch an Nepal, aber die Flugverbindungen waren zu schlecht; Umsteigen in Neu Delhi etc, sowie hohe Flugkosten. Die nächsten Monate trieben wir dann die Idee einerr Kilimanscharo-Besteigung in eine recht fortgeschrittene Phase, aber auch hier zogen wir uns zurück, da die Kosten zu unkalkulierbar waren. Führerzwang, Reservierungen etc ließen uns auch von dieser Idee Abstand nehmen und so blieben die USA übrig, ein großer Wunsch von Rosangela. Die Tour wurde für Oktober geplant, zwischen dem Besuch von Rosangela Mutter und Tante und dem Besuch meiner Eltern.

Die Tour war schön und interessant, aber hatte nichts mit der so minutiös geplanten Tour zu tuen, die ich in den letzten Monaten entworfen hatte.

Wie man sich sicherliche erinnert, war es geplant, von SF einen Mietwagen für eine Woche zu nehmen und dann mit dem Rad zum Yosemite-Park, über die Sierra Nevada rüber zum Mono-Lake runter, dann Death Valley und Las Vegas, mit Flieger zurück. Ich habe das ganze nochmal wiederholt, um -als rethorisches Stilmittel die Spannung zu steigern und als Kontrast das tatsächlich Geschehene gegenüberzustellen.

 1. Teil - Die Schrecken der Großstadt

0. Tag, 27.9.97

Die sicherlich schmerzlichste Abweichung von unserem Plan war die Explosion der Kosten, die schon gleich am Flughafen anfing, denn wir mussten 110 Mücken wg zuviel Gepäck berappen. In SF angekommen stellte Ros am AVIS-Schalter fest, daß sie ihren Führerschein vergessen hatte. So lag die Verantwortung unseres Roadmovies also ganz in meinen Händen. Ich nahm den Shuttle-Bus zum Mietwagen-Parkplatz, Ros wartete mit allen Klamotten am Flughafen und es wurde langsam spät.

Wegen schlechter Ausschilderung und mangelnder Fahrpraxis, dazu in einem vollkommen ungewohnten Automatikwagen (Chevy Geo Prizm), kam ich nicht mehr zum Flughafen, sodern fand mich plötzlich auf der Auffahrt zum fünfspurigen Freeway Richtung Downtown SF in der Rush-hour wieder und der Flughafen verschwand langsam in meinem Rückspiegel. Nach langer Irrfahrt kam ich schließlich wenigstens zum Parkhaus wieder zurück und holte Ros zu Fuss ab.

Breakfast in America

 

Nun waren wir in der Situation, die ich so gerne vermieden hätte: Nachts in eine unbekannte Grossstadt fahren und nach einem Hotel suchen. Wir kamen irgendwie vom Freeway runter und nach Gefühl schafften wir es auch in Richtung Innenstadt, aber da waren nur die dicken Hotels, wegen der gewohnheitsbedürftigen Ausschilderungen verloren wir vollkommen die Orientierung und auch sehr bald die Nerven. Wir waren nun seit gut 30 Stunden auf den Beinen, verirrt ohne Anhaltspunkt, müde und hungrig und zu ängstlich, zu verunsichert und zu unentschlossen, um irgendwo anzuhalten. So griff ich zum letzten Strohalm, wir fuhren raus zum Lutz. Der war glücklicherweise da, wartete aber auf eine Puppe. Ich bat ihn, ob er ein Hotel für uns ausfindig machen könne, aber es war fast alles voll, von den 20 oder 30 Hotels hatte 2 noch was frei, wir wollten es zuerst im "Pontiac" auf der Mission St. versuchen. Etwas ruhiger und sicher begaben wir uns wieder in den Strassenverkehr und fanden das "Pontiac" auch relativ schnell, aber es entsprach nicht unseren Vorstellung eines 45 US-$-Hotels. Unter der kaputen Laterne vor dem Liquor-store lagen ein paar Besoffene in der Gosse und an der Ecke hing Gesocks rum, nicht die Neighborhood, wo ich einen Neuwagen mit zwei Rädern auf der Rückbank gerne stehen lassen würde. So meinte ich zu Ros, wir hatten noch nicht eingeparkt: "Hör zu, hier schlaf ich nicht. Lass uns aus der Stadt fahren und im Wagen schlafen." Ros war schon seit einiger Zeit in dieser Stimmung der Unsicherheit, in der einem kein Vorschlag gefällt, man aber auch nichts besseres zu bieten hat. Wir fuhren wieder los, an der nächsten Ecke mussten wir aus dem Wagen mit ansehen, wie jemand in seinem Wagen zusammengeschlagen wurde. Das verpasste uns einen echten Schock und unser Verfolgungswahn war perfekt. Wir fuhren zu Lutz raus und noch ein Stück weiter, stellten uns vor einen 24-Stunden-Supermarkt und verbrachten da mehr oder weniger schlafend den Rest der Nacht.

San Franciso

1. Tag, 28.9.97

Der nächste Tag ging dann besser von der Hand, bei Tagesanbruch gingen wir in den Supermarkt und kauften fürs Frühstück ein, fuhren runter zum Ocean Drive und frühstückten am Strand, gaben einer Bettlerin etwas ab. Wir sahen draußen auf dem Meer eine seltsame Kontur und mir kam gleich die Idee, daß es sich nur um Alcatraz halten können. Ich war noch mitten in der Überzeugungsarbeit, als Rosangela darauf hinwies, daß sich Alcatraz bewege. Darauf beobachteten wir besser und ich musste Rosangela recht geben, daß es sich nur um ein Schiff handelte. Wir fuhren durch den Presidio-Park und weiter zur Golden Gate und dort sahen wir dann auch das echte Alcatraz. Es war jetzt an der Zeit, Lutz in der Bäckerei zu besuchen, brachten unsere Klamotten in seine Wohnung, nahmen eine Dusche und entwickelten ein Plan für unser weiteres Vorgehen, suchten in den gelben Seiten die Adressen von Fotoläden zusammen. Auf der Gerey, in der Nähe von Lutz, checken wir einige Läden; Rad, Ausrüstung etc. Auf der Fahrt in die Stadt fahren wir auf der Lombard und sind erstaunt über die Dutzende von Motels, nun besichtigten wir die Stadt, durchqueren Downtown und kommen bis zum Hafen und zur Oakland und holten Preise über Kameras ein. Die Suche ist unerfreulich und auch etwas entäuschend, es gibt keine richtig großen Läden, ne Menge zweifelhafte Jugos, Itakas und sonstwer. Die Preise, die genannt werden, sind gut, aber die Läden erwecken nicht mein Vertrauen. Zudem kommen noch diese verfluchten Steuern hinzu, die meine gesamten Berechnungen über den Haufen werfen. Beim Schlendern kommen wir von einem riesigem North-Face-Laden vorbei und kommen auch noch nach Chinatown, was jedoch nichts besonderes hat. Abends mit Lutz beim Mexikaner Essen gegangen und eine ordentliche Margarita gezogen.

2.Teil - Der Roadmovie beginnt

2. Tag, 29.9.97

Am nächsten Tag schon Aufbruchsstimmung. Ein paar Einkäufe wie neuer Radhelm, ein paar 501, verloren geglaubte Imbusschlüssel etc. Bei der Kamera haben sie mich dann gefickt. Schon seit einigen Wochen hatte ich hier Preise eingeholt, zum einen bei den hiesigen Händlern, aber auch amerikanischen Fachzeitschriften.

Die Preise an der Ostküste waren ziemlich ordentlich und ich rechnete mir aus, daß auch bei einem SF-Aufschlag immer noch ein guter Preis rauskommen sollte. Machen’s wir kurz, es war echt ätzend, nur drei mehr oder weniger seriöse Fachhändler, die anderen Läden alle italienisch-armenischer Hand, wenig vertrauenserweckend mit so niedrigen Preisen, daß da irgendetwas krumm sein musste. Schliesslich habe ich 16-hundert Eier abgedrückt, hätte ich für 100 Mark weniger auch bei Foto Koch bekommen. Wir haben kurzentschlossen die Entscheidung getroffen, runter nach Mexiko zu fahren und dort einen Stempel zu kassieren.

Anstatt nun locker auf dem Highway One langzutuckern, machte wir uns zu einem Roadmovie nach Mexiko auf. Wegen des späten Aufbruchs kommen wir an diesem Abend nur noch bis Morgan Hill, denn es ist schon seit einiger Zeit dunkel, die Karte zeigt nichts im weinten Umkreis und wir sind schon ziemlich müde, wo wir in einem etwas anrüchigem Motel für 40 Bucks übernachten. Der Besitzer sieht aus wie ein dicker ehemaliger Strafgefangener, in der Rezeption hängt eine Liste von Leuten, die keinen Kredit haben oder an die nicht vermietet werden darf. Der Typ ist aber nett.

L-man ist nicht weit

 

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 3. Tag, 30.9.97

Wir wachen um 6 auf,  wir tanken und brechen auf, zuerst auf der 152, dann kommen wir auf den Interstate 5, hier kommt das Rollen gut, fast kein Verkehr, easy goin. Vor LA tanken wir nochmal, denn es liegt mir viel daran, durch LA und den ganzen Scheiss, der dazu gehört, so glatt wie möglich und ohne Unterbrechungen durchzukommen. Der Transit LA beginnt bei ca 300 Meilen, bei 350 kommt die Ausfahrt zu Disneyland und bei 370 ist endlich Schluß. 70 Meilen oder über 100 Kilometer nur Abzweigungen, fünf Spuren und der beginnende Berufsverkehr klingt schlimm, aber wir fahren konzentriert und es geht besser über die Bühne als gedacht. Es gibt einen Stau aufgrund eines ausgebrannten Mercedes, Frau am Steuer, der Ehemann wird sich darüber freuen. An diesem Abend kommen wir noch bis Encinitas.

 

4. Tag, 1.10.97

 

Wir fahren zum Flughafen, um ein paar 1-800-Nummer zu bekommen, um die Rückfahrt zu planen. Wie wir in SF erfuhren, seinen die Rückflüge zu teuer und es sei billiger und lustiger, mit einem Wagen zurück zu fahren. San Diego macht keinen dollen Eindruck, wir lassen den Wagen in einem Parkhaus, futtern ein gutes Frühstück beim Donalds, Rosangela trifft einen Asi auf der Toilette, die Strassen sind voll mit Rollies, wohl von der Marinebasis. Wir finden den Bahnhof, um raus nach San Ysidro nach Tijuna zu fahren, die Fahrt dauert fast eine Stunde und führt an Marinehafen vorbei, interessant. Unser Besuch in Mexiko ist schlecht, wir gehen ein paar Rampen rauf, passieren ein oder zwei Drehgitter und sind schon da. Die Stadt hat natürlich nichts zu bieten und so sind wir 15 Minuten später, die Zeit, die man für den Weg halt braucht, wieder in den Staaten. Auf der Rückfahrt in der Bahn hatten wir einen zugekifften Typen neben uns, er machte keinen gefährlichen Eindruck, aber wohl war mir nicht. Man weiß ja nie, vielleicht war der Kerl mit Crack vollgepumpt und mag keine Ausländer.

Wir greifen uns den Inter 15 in Richtung San Bernadino, es gibt etwas Streit wegen meines Fahrstils, kommen durch Desert Spring und Palm Spring, nur was für Arme, sehen im Abendlicht riesige Windparks und kommen bis Redlands. Wir können den Motelpreis etwas drücken (6 Bucks) und nutzen dann den kleinen Pool, um etwas zu planschen und zu schwimmen und knacken früh.

Das ist nicht Holland

5. Tag, 2.10.97

Ein richtig guter Roadmovie-Tag. Wir greifen uns von Anfang an einige ruhige Strassen und fahren die San Bernardino-Hills rauf, entkommen so der lästigen Woklendecke und die Ecke ist wirkliche schön, oben ist es natürlich recht frisch, in Big Bear City gehen wir beim Jack frühstücken. Unsere weitere Route ist nicht genau zu klären, wir nehmen jedoch an, daß wir nach Victorville kamen und dann auf einer echte Nebenstrasse nach Helenndale und dann Richtung Inter 40 fuhren.Dieses Stückchen kam echt gut, wir trieben Spielchen mit der paralell verlaufenden Zuglinie, Rosangela versuchte einige Fotos zu schiessen und durch geschicktes Gasgeben hatten wir auf der welligen Fahrbahn Achterbahngefühle.

Wir gaben dann Gas und kamen noch am Abend bis nach Merced.

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3. Teil - Auf die Räder 

In Merced ging es dann endlich auf die Räder ! Gegen Mittag fuhren wir los und sollten bis abends 10 Uhr den Grundstein dafür gelegt haben, daß Ros die Lust am Rad verlor.

Gegen 18:30 passierten wir die letzen Ansiedlung, La Grange mit 150 Einwohner, dann begannen die Steigungen, das eingezäunte Weideland zu beiden Seiten der Strasse lies nicht das geringste Camp zu und die Tarantel, die langsam vor uns über die Strasse krabbelte, nahm Ros jede Lust zu einer Nacht unter freiem Himmel. Dann war da noch ein Kojote, die Sterne und ein Halbmond kamen raus und Ros´ Panik war perfekt. Wir sahen dann einen Abzweig zu einem Campingplatz, kämpften uns in der Nacht noch ca 10 km durch unbewohntes Gebiet die Berge rauf, bis wir uns endlich zur Ruhe betten konnten. Der nächste Tag ging weiter rauf und runter, schwer demotivierend besonders für Ros, deren Angst schon am Tag zuvor ihre eisernen Reserven angezapft hatte. Mitten in einer Rampe konnten wir dann spät am Abend ein Camp hinter einer verlassen Tankstelle aufschlagen, aber Ros machte kein Auge zu.

Auch der dritte Tag auf dem Rädern sollte so weitergehen, unverdrossen aufwärtsstrebend mit regelmäßigen Abfahrten. Ros legte einen unheimlichen Kämpfergeist an den Tag, aber es wurde langsam zuviel. Wir kamen am Abend an den Eingang vom Yosemite-Park auf 6000 Fuss und da wurden wir unserer letzten Hoffnung beraubt. Weitere 2000 Fuss rauf, wieder auf 4000 Fuss runter zum Yosemite-Valley. Für den Tioga mussten wir von da aus wieder auf 6000 Fuss rauf und weiter zum Tioga-Pass auf 10000 Fuss. Nun, auch bei der bestmöglichen Planung ist man vor solchen Pannen leider nicht gefeit. Dann kam noch eine Kälteeinbruch mit möglichen Schneefällen am Tioga und so gaben wir, nicht ganz in Harmonie, auf. Zu dumm, daß wir mit dem Tioga auch die Schlüsselstelle verloren. So gab es keine Sierraüberquerung und damit nichts von den anvisierten Zielen auf der anderen Seite. Da auf unserer Sierra-Nevada-Seite aber nichts aufregendes zu machen war und Ros in dem Moment auch die Nase vom Rad voll hatte, blieb nur ein radikaler Umbruch unserer Tour.

Yosemite-Rosangela, kurz Yos-Ros

 

 

Nach einer aufregenden Nacht im Damenklo
Halfdome - Yosemite NP

 

Part 2